Die Geschichte vom Bochumer Maiabendfest

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Engelbert1

Graf Engelbert III. sitzt auf dem blanken Stein vor dem Kaminfeuer. Sorgenvoll hat er seinen Kopf in die Hand gestützt. Die letzten Tage brachten ihm schlechte Nachrichten. Er liegt nämlich mit der Stadt Dortmund in Fehde. Grübelnd schreitet er im Rittersaal auf und ab.

Plötzlich wird die Tür aufgerissen. Völlig abgehetzt stürzt ein junger Bauer herein. Atemlos berichtet er:

„Gestern abend…in der Dämmerung….haben Dortmunder Kriegsknechte unser Dorf Harpen überfallen….Es kam alles so plötzlich, dass wir uns nicht wehren konnten. Das gesamte Vieh, Pferde, Kühe und Schweine, holten sie aus den Ställen und trieben es fort. Den letzten Gaul habe ich fast zu Tode geritten, um es Euch zu melden. Wir bitten um Eure Hilfe, um den Dortmundern ihre Beute wieder abzujagen!“

Auch das noch, denkt Graf Engelbert, wie soll ich da helfen? Meine Soldaten stehen viel zu weit weg von hier, die können nicht schnell genug nach Harpen kommen, um die Diebe zu verfolgen. Die Burgmannschaft ist zu gering an Zahl, sie würde gegen die Dortmunder nichts ausrichten. Er geht wieder auf und ab und überlegt hin und her, doch er weiß keinen Rat. 

Da meldet der Burgvogt den Bürgermeister von Bochum, der das neue Stadtsiegel abholen will. Graf Engelbert erzählt ihm von dem Überfall. „Größte Eile tut Not. Könnt ihr Bochumer da nicht helfen?“

„Do kass di drop verloten!“ antwortet der Bürgermeister und reitet auf schnellstem Wege nach Bochum. Auf dem Marktplatz trifft er Hinrich, den Kuhhirten, der die Herde von der Vöde heimtreibt. „Hinrich, blas schnell Alarm! Alle jungen Männer sollen sich vor dem Rathaus versammeln!“

Kaum ist das Signal verklungen, da kommen schon die ersten aus den umliegenden Häusern angerannt, aus allen Straßen und Gassen eilen sie herbei und umringen den Bürgermeister. „Wat es los?, wat givt et denn?“ Mit kurzen Worten erklärt er, was vorgefallen ist und dass der dem Grafen Hilfe versprochen habe. „Also! Wä gäiht met noh Harpen?“

Alle wollen dabei sein. Sie stürmen nach Hause. Jeder greift nach der Waffe, die ihm gerade zur Hand ist. Der Stadthauptmann ist als erster wieder zur Stelle; denn er führt seine Mannschaft hoch zu Roß an. Sein Herz hüpft ihm vor Freude im Leibe, wie er seine Mannen ankommen sieht. Einer trägt eine Mistgabel auf der Schulter, ein anderer hält eine Sense in der Hand, ein dritter hat sich mit einem Dreschflegel bewaffnet, drüben kommt einer mit einer langen Eisenstange, der Schmiedegeselle schwingt einen schweren Hammer in der Faust….Bald sind alle beisammen…und nun wehe den Pferderäubern!

Inzwischen bricht der Abend an. Die Bochumer werden von den Harpenern begeistert empfangen. Diese unerwartete Hilfe gibt ihnen neuen Mut. Sie schließen sich den Nachbarn an und dann geht die Verfolgung los. Aber sie müssen vorsichtig zu Werke gehen; denn gleich hinter Harpen verläuft die Grenze der Grafschaft Mark, dort beginnt das Gebiet der Stadt Dortmund. Drum schleicht sich jeder geräuschlos im Schatten der Büsche den Weg nach Lütgendortmund entlang. 

Plötzlich hält der Schützenhauptmann an und lauscht in die Nacht hinein. Da! Von dem  einsamen Bauernhaus drüben tönt Kuhgebrüll und Stimmengewirr herüber. Dort sind sie! Der Hauptmann sammelt seine Leute um sich. Er hat sich einen Plan ausgedacht und flüstert ihn den Männern zu. Der Schmiedegeselle spuckt in die Hand, packt seinen Hammer fester und lacht über das ganze Gesicht. Der Plan gefällt ihm ausgezeichnet. 

Nur der Mond sieht, wie die Bochumer und Harpener sich an den Hof heranpirschen. Die Dortmunder hingegen freuen sich über ihre so gut gelungene Untat. Ihre Verfolger aber sind schon bedrohlich nahe. Sie haben das Gehöft umzingelt, kauern sich hinter Hecken und Büsche, stecken zwei Finger in den Mund und warten auf das Zeichen ihres Anführers. 

Auf einmal zerreißt ein vielstimmiges schrilles Pfeifen die Nacht. Entsetzt fahren die Dortmunder hoch, sie wollen zu den Waffen greifen, aber vor Schreck schlottern ihnen die Knie. Da gibt es nur eines: Alles liegen und stehen lassen und – rette sich wer kann. Die Bochumer und Harpener brechen in ein Freudengeheul aus. Sie fallen sich in die Arme. Sie können es kaum fassen, dass die Dortmunder Kriegsknechte vor einem Pfeifkonzert Reißaus nahmen.

So kamen die Harpener wieder zu ihrem Vieh. Selbst die Pferde wieherten, wenn die Bauern von diesem Streich erzählten. 

Auch Graf Engelbert war  hoch erfreut. Zum Danke für ihre Hilfe schenkt er den „Bochumer  Jungens“ jedes Jahr am Tage ihrer Heldentat einen starken Eichbaum. 

Den fällten sie im Harpener Wald, dem Bockholt und schleppten ihn durch das Becktor auf den Marktplatz. Da wurde das Holz versteigert und vom diesem Geld eine fröhliche Feier veranstaltet.